Kurzinterview mit Prof. Dr. Martin Visbeck, GEOMAR, über maritime Lösungen.

Sie beschäftigen sich am GEOMAR Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung auch mit der Rolle des Ozeans im Zusammenhang mit dem Klimawandel. Wird den Ozeanen in der Klimaforschung genug Beachtung geschenkt?

Auch wenn der Ozean 2/3 der Oberfläche der Erde bedeckt, 90 Prozent der zusätzlichen Wärmeenergie aufgenommen hat und der Meeresspiegelanstieg eine extrem komplexe Herausforderung für die Zukunft ist, ist der Ozean in der Klimaforschung oft randständig. Dafür gibt es mehrere Gründe: 1) Wir Menschen leben an Land und die der Atmosphäre. Der Ozean ist nur mit größerem Aufwand zu vermessen und im Vergleich mit anderen Komponenten des Erdsystems eher weniger gut verstanden. Dennoch nutze ich und viele andre jede Gelegenheit, die Rolle des Ozeans in Klimawandel herauszustellen und plädiere für mehr Beachtung, Forschung und Wissensaustausch über alle Aspekte der Meeresforschung hinweg.

Die so genannte Blue Economy will das Ökosystem Erde schützen und bringt dazu Technologien und Lösungen auf den Markt. In welchen Technologien sehen Sie das größte Potenzial, um den Schutz der Ozeane voranzutreiben?

Zunächst beschreibt (nach meinem Verständnis) die blue Economy alle Wirtschaftszweige, die mit dem Meer zu tun haben und dort Gewinne ermöglichen. Das sind Tourismus, Seehandel, Fischerei, Öl und Gasgewinnung und anderer Abbau von Materialien und Stoffen aus dem Meer. Wenn man die ‚blue‘ economy auch ‚green‘ bekommen möchte muss man sich insbesondere mit den negativen Folgen dieser Wirtschaftszweige auf dem Meer beschäftigen. Das sind in der Regel Übernutzung und Verschmutzung. Eine nachhaltige Blue Economy versucht also Schutz und Nutzen klug zu balancieren. Dazu ist sowohl die Wirtschaft als auch die Verwaltung (Politik) gefragt, die richtigen Rahmen im Sinne einer marinen Raumplanung zu definieren und rechtssicher umzusetzen. Dazu braucht es ein leistungsfähiges Ozeanbeobachtungssystem. Verbesserte Simulation und Modelle des Ozeans, die sich dann im Sinne von Digitalen Zwillingen des Ozean kombinieren lassen. Mit Digitalen Zwillingen lassen sich heutige und zukünftige Rahmen der Nutzung und des Schutzes für den Ozean entwickeln und im Sinne der Nachhaltigkeit optimieren.

Innerhalb jeden Sektors können Technologien helfen, die Nutzung zu optimieren und die Verschmutzung oder andere nicht gewünschte Nebeneffekte zu minimieren. Die Palette reicht von klugen Fischereiverfahren, CO2- und geräuscharme Antriebe, sichere Bohrungen und Fördersystem etc.

Und als Letztes: Welche Erfahrungen konnten Sie aus Ihrer Diskussionsrunde, aber auch dem Besuch der INTERGEO als Technologieshow für geodatenbasierte Nachhaltigkeitslösungen mitnehmen?

Die Diskussion hat gezeigt, dass wir bisher noch nicht alle Potentiale der Vernetzung zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung genutzt haben. Es ist ein komplexes und hochdimensionales Feld, bei den es keine einfachen Lösungen geben wird. Dennoch kann man durch den Einsatz auch von Geodaten vieles Verbessern.

Herr Professor Visbeck, wir bedanken uns für das Gespräch.